Interview mit der Brennpunktstreife

"Was ist die Brennpunktstreife und was ist eure Aufgabe hier im Kiez?" Kotti e.V. hat ein Interview mit einem Kommissar der Brennpunktstreife am Kotti geführt.

Foto: Kiezreporterin QM ZKO

Interview mit der Brennpunktstreife

Was ist die Brennpunktstreife und was ist eure Aufgabe hier im Kiez? In den Jahren 2015/2016 bemerkten wir einen starken Anstieg der Straftaten am Kottbusser Tor. Sowohl unsere Funkstreifenwagenbesatzungen als auch die Bürger vom Kotti spürten eine deutliche Verwahrlosung der Örtlichkeit. Uns sprachen Mütter mit Kindern und ältere Menschen an, die bestimmte Teile des Kottbusser Tors oder die gesamte Örtlichkeit aus Angst um ihre Gesundheit mieden. Außerdem wurden unterschiedliche Medien auf diese Änderung der Sicherheitslage aufmerksam, sodass in einigen Zeitungen der Kotti als „no-go-area“ betitelt wurde. Für uns als Polizei Berlin stand fest, dass eine solche Situation nicht hingenommen werden konnte. Mit den Zielen, einerseits die Straftaten und Ordnungsstörungen zu bekämpfen und andererseits das Sicherheitsgefühl der Menschen vor Ort zu stärken, wurde zunächst unter dem Namen „Einsatztrupp Kottbusser Tor“ im Februar 2017 aus Kollegen des Polizeiabschnitts 53 die „Brennpunktstreife Kottbusser Tor“ gebildet.

Wer ist eure Zielgruppe? Alle Menschen am Kotti.

Seid ihr nur in Uniform oder auch Zivil unterwegs? Grundsätzlich agieren wir in Uniform, um den Anwohnern und Gewerbetreibenden das Gefühl der Sicherheit wiederzugeben, welches sie in der Vergangenheit möglicherweise nicht mehr hatten. Außerdem sehen wir uns als Teil der Menschen am Kotti - wir wollen also vor Ort für jeden Bürger erkenn- und ansprechbar sein. Da sich die Kriminalitätslage jedoch stetig verändert, passen wir auch unsere Vorgehensweise an. So kann es durchaus vorkommen, dass wir unseren Dienst in ziviler Kleidung versehen, um auch gezielt gegen Straftäter vorgehen zu können.

Foto: Kiezreporterin QM ZKO

Wie fühlt ihr euch in dem Kiez? Angenommen, Retter in Not oder Störenfriede? Ein Großteil der Anwohner und Gewerbetreibenden findet unsere Präsenz vor Ort sehr gut. Besonders positiv hervorgehoben wird in diesem Zusammenhang häufig, dass unsere Einsatzkräfte - im Gegensatz zu ortsfremden Kollegen - durch ihre lange Erfahrung am Kotti deutlich präziser die polizeilich relevanten Personen überprüfen würden. Außerdem sind unsere Fahrzeuge durch ihre Position auf dem Vorplatz ein fester Anlaufpunkt für alle Nutzergruppen geworden: Vom Hilfeersuchen der Anwohner über Touristenauskünfte bis Fotos mit Kindern, die gerne Polizist/in werden wollen, versuchen wir, jedem Anliegen nachzukommen. Vereinzelt kommen auch Bürger auf uns zu, die sich negativ über unsere Maßnahmen äußern. In Diskussionen versuchen wir, unsere Sichtweise offenzulegen, um so das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei zu stärken.

Wie seid ihr vernetzt im Kiez? Uns wurde schnell bewusst, dass der Kotti aufgrund seiner Vielfältigkeit und den individuellen Interessen der unterschiedlichen Nutzergruppen gesamtgesellschaftliche Herausforderungen bereithält. Dauerhafte Veränderungen können also nur erfolgen, wenn alle beteiligten Akteure an einem Strang ziehen. Mit dem Quartiersmanagement, dem Bezirksamt, der GEWOBAG und weiteren Beteiligten versuchen wir, in diversen Gesprächsrunden unseren Beitrag zur Verbesserung der Gesamtsituation zu leisten. Mit einigen Netzwerkpartnern, wie z.B. dem ebenfalls direkt vor Ort tätigen Fixpunkt e.V., besteht zusätzlich ein regelmäßiger Informationsaustausch, sodass für entstehende Probleme schnell eine gemeinsame Lösung gefunden werden kann.

Auf welchem Weg fließen eure Erfahrungen, Berichte, Bedarfe und Beobachtungen in bezirkliche Verwaltung und politische Ebenen ein? Der Kotti füllt schon seit einigen Jahren die Schlagzeilen der Medien. Dementsprechend wurde auch unsere Brennpunktstreife bereits kurz nach der Gründung durch diverse Kamera- oder Reporterteams begleitet. Aber auch der Innensenator, Herr Geisel, besuchte den Kotti im Sommer 2017, um sich selbst ein Bild von der Lage vor Ort zu machen. Durch die damalige Abschnittsleiterin sowie die anwesenden Vertreter der Anwohner und Gewerbetreibenden wurde ihm verdeutlicht, dass die alleinige Einführung einer mobilen Wache, wie sie teilweise an anderen Brennpunkten in der Stadt eingesetzt wird, am Kotti nicht zielführend wäre. Herr Geisel erkannte die besondere Gesamtsituation der Örtlichkeit und bat die Polizeiführung unsere Brennpunktstreife mit zusätzlichen Einsatzkräften zu verstärken. Darüber hinaus findet in vielen der Netzwerktreffen, an denen auch Mitarbeiter von anderen öffentlichen Institutionen und der bezirklichen Verwaltung teilnehmen, ein regelmäßiger Erfahrungs- und Informationsaustausch statt.

Würdet ihr euch nachbarschaftsnah nennen? Kann man euch jederzeit auf der Straße ansprechen oder ist das eher die Zuständigkeit des Kontaktbereichsbeamten? Ansprechen ist sogar ausdrücklich erwünscht. Genau wie die Kontaktbereichsbeamten versuchen wir, bei allen Problemen, Nöten oder anderen Anliegen zu helfen.

Wie ist eure Strategie zur Verdrängung der Betäubungsmittel-/Trinkerszene in die Hauseingänge, U-Bahnstationen und zu weiter entfernt liegenden öffentlichen Plätzen? Diesen Verdrängungseffekt konnten wir seit unseren ersten Präsenzmaßnahmen am Kotti beobachten. Der Problematik begegnen wir mit vermehrten Fußstreifen durch die umliegenden Straßenzüge und Wohngebiete, um z.B. auch die beiden in der Kohlfurter Str. befindlichen Grundschulen abzudecken. Allerdings gibt es die Betäubungsmittel- und Trinkerszene am Kotti schon mehrere Jahrzehnte, sodass dauerhafte Veränderungen sowohl einen längeren Zeitraum, als auch enge Absprachen mit Beteiligten aus dem Bereich der Sozialarbeit (Fixpunkt e.V., Berliner Obdachlosenhilfe etc.) benötigen, um ihre langanhaltende Wirkung zu entfalten.

Welche Sprachen sind bei euch vertreten? Neben der deutschen sind alle unsere Einsatzbeamten der englischen Sprache mächtig. Weiterhin sprechen mehrere Kollegen türkisch oder arabisch.

Foto: Kiezreporterin QM ZKO